Pressemitteilung über SmartHelm:
Das Ziel immer vor Augen

Helm mit holografischem Visier soll Radkurieren helfen

Ein regionales Unternehmens-Konsortium entwickelt einen Fahrradhelm, der Lastenradfahrer unterstützen soll. Im Mittelpunkt steht dabei ein holografisches Visier, dass relevante Informationen bereitstellen soll.

Im Visier des smarten Helms werden wichtige Informationen für den Kurierfahrer angezeigt. (Rytle GmbH)

Bremen/Oldenburg. Der Blick durch das Visier des Smarthelms erinnert ein wenig an den Film Iron Man. Tatsächlich handelt es sich aber um einen Fahrradhelm, der das Leben von Lastenradfahrern künftig erleichtern soll. Wichtige Informationen sollen möglichst genau und ablenkungsarm vor die Augen des Fahrers projiziert werden. Das soll für mehr Verkehrssicherheit und Effizienz bei der Logistik der Paketzulieferungen sorgen, zumindest nach den Vorstellungen eines Unternehmens-Konsortiums aus Bremen und Oldenburg, das den Helm entwickelt. Ab der zweiten Jahreshälfte sollen erste Prototypen in Oldenburg getestet werden.

Damit das System funktioniert, vor Staus oder Baustellen warnt und Umleitungen empfehlen kann, wird es etwa mit Landkarten-Daten gespeist. Sichtbar werden die Informationen auf dem Visier durch die sogenannte Augmented-Reality-Technik (AR; erweiterte Realität), die Hologramme erzeugt. Neben den bereits verfügbaren Daten, werden auch Daten eingeblendet, die das System selbst erhebt. Sogenannte biophysiologische Daten, also Informationen über den Zustand des Radfahrers.

Um diese Daten zu erheben, ist der Helm mit einer Menge Technik ausgestattet: „Wir arbeiten mit einem sogenannten Eye-Tracker, also einer Kamera, die die Blickrichtung des Fahrers verfolgt. Zudem setzen wir Sensoren ein, die die Aktivität im Gehirn des Fahrers messen“, erklärt Kristian Schopka vom Bremer Lastenradhersteller Rytle, der die Entwicklung des Helms koordiniert. Wenn ein Radfahrer etwa über den Verkehrsknotenpunkt Stern fahre, könne eine höhere Gehirnaktivität festgestellt werden. „Wir wollen allerdings auch testen, welche Datenerhebungen wirklich sinnvoll sind“, betonte Schopka.

Seit November wird an der Technik gearbeitet. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte soll sie erstmalig in Oldenburg getestet werden. Anschließend ist eine Ausweitung nach Bremen angedacht. Für die Testphase werden ausschließlich die Lastenräder von Rytle eingesetzt, „da wir den großen Stauraum, den unsere Räder auf dem Hinterbau bieten, für Laptops und anderen Messinstrumente benötigen.“

Das Ziel sei es aber, eine universelle Technik zu entwickeln, die irgendwann ausschließlich mit dem Helm und somit auf allen Lastenrädern funktioniere. Denn dieser Markt hat Potenzial: Der Zweirad-Industrie-Verband (Ziv) hält es für möglich, dass künftig rund 25 Prozent aller Waren und 50 Prozent aller leichten Warentransporte im Stadtbereich von Lastenrädern übernommen werden. Der Ziv bezieht sich dafür auf eine Studie vom EU-geförderten Projekt „cyclelogistics – city changer cargo bike“. Eine Studie des Zentrums für Luft- und Raumfahrt hält 23 Prozent aller Warenlieferungen mit dem Rad für möglich. Für die verbleibenden rund 75 Prozent aller Auslieferungsfahrten, etwa in Lieferfahrzeugen, sei eine Nutzung der Smarthelm-Software in Zukunft auch denkbar. „Wir wollen eine sichere und effiziente Lösung bereitstellen, damit Kuriere während der Fahrt nicht mehr den gefährlichen Blick auf ihr Handy werfen müssen“, erklärte Schopka.

Anlass für die Entwicklung des digitalen Helms, der vom Verkehrsministerium mit knapp 1,5 Millionen Euro gefördert wird, ist die steigende Zahl von Onlineeinkäufen. Laut dem Bundesverband Paket- und Expresslogistik (Biek) der wesentliche Treiber für steigende Sendungsmengen. 2018 wurden laut einer Studie im Auftrag des Biek 3,52 Milliarden Zustellungen befördert. Für das Jahr 2019 rechnet der Verband mit über 3,6 Milliarden Sendungen in Deutschland. Dafür braucht es viel Personal. 2018 arbeiteten rund 238 600 Menschen in der Branche – 9000 mehr als im Vorjahr.

Viele dieser Arbeiter sind Kurierfahrer. In Innenstädten seien diese immer häufiger auf Lastenfahrrädern unterwegs, weil sie effizient und umweltschonend seien, heißt es in einer Pressemitteilung von Rytle. Ihr Potenzial sei noch nicht ausgeschöpft, aber durch Paketgrößen begrenzt, teilt der Biek mit. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hat „das Gefühl, dass das Lastenfahrrad seit einigen Jahren eine deutlich präsentere Rolle im Bremer Stadtverkehr einnimmt. Voraussetzung für den weiterführenden Ausbau des Lastenradverkehrs sei aber auch eine passende Infrastruktur. Konkret für Bremen würde das bedeuten: „Breitere Radwege zu schaffen, auf denen auch Lastenräder überholt werden können“, schreibt Pina Pohl vom ADFC in einer Mitteilung. Bisher gibt es aber an vielen Stellen lediglich die gewöhnlichen Radwege, die zu hohen Belastungen bei Kurierfahrern führen können. Stress führe immer wieder zu Fehlzustellungen, schreibt Rytle. Der Smarthelm soll dem entgegenwirken, indem Informationen, die sonst auf dem Handy oder externen Geräten abgerufen werden, in das AR-Visier eingeblendet werden. Wenn das Projekt in drei Jahren abgeschlossen ist, könnte es auch an private Lastenradfahrer verkauft werden und somit bei jedem Radler für mehr Sicherheit sorgen.

Diesen Beitrag finden Sie hier: Weser Kurier vom 31.01.2020 (Seite 20)
Veröffentlicht: Maurice Arndt, Weser Kurier am 31.01.2020

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